Konstantes Einvernehmen mit dem Unternehmer – geht das?

Exklusivinterview mit Dipl. Kfm. Wolfgang Grupp (72), Alleiniger Geschäftsführer und Inhaber der Trigema Inh. W. Grupp e. K., Burladingen

Ja, das geht, sagt Karl-Josef Schoser, seit 35 Jahren Vorsitzender des Betriebsrates der Trigema Inh. W. Grupp e. K., in Burladingen.

 

Wie, erklärte auch in seinem Namen sein Arbeitgeber, Dipl. Kfm. Wolfgang Grupp (72), Alleiniger Geschäftsführer und Inhaber des Unternehmens, im Gespräch mit Fachjournalist und Buchautor Friedrich Oehlerking.

 

Das Rezept: ein gewachsenes Einvernehmen – mit überraschenden Folgen für die Mitarbeiter. Grupps Credo: Mehr persönliche Haftung von Unternehmern - dann klappt es auch mit der sozialen Marktwirtschaft wieder.

 

Wolfgang Grupp im getfax-Interview in Werk 1 des Trigema-Stammsitzes in Burladingen im Dezember 2014 (Fotos: Marina Oehlerking)

Betriebsräte in jedem Standort

Betriebsrat Schoser unabkömmlich

W. Grupp
Noch nie freigestellten Betriebsrat gehabt: Grupp regelt Probleme, wenn möglich, sofort.

Betriebsräte von den Mitarbeitern anerkannt

Frauen und Männer anteilsgemäß in  den Standortbetriebsräten

getfax: Herr Grupp, was bedeutet „Trigema“?

 

Wolfgang Grupp: Josef Mayer, mein Großvater mütterlicherseits, und sein Bruder Eugen, der später eigene Wege ging, kauften im Jahre 1919 eine stillgelegte Fabrik in Burladingen und gründeten damit die Mechanischen Trikotwarenfabriken Gebr. Mayer KG, Tri-Ge-Ma. Ich habe das Unternehmen vor 45 Jahren übernommen und diese Abkürzung zur Marke ausgebaut.

 

getfax: Wie viele Mitarbeiter hatte das Unternehmen damals und wie viele heute?

 

Wolfgang Grupp: Anfangs 25 Mitarbeiter, heute beschäftigen wir im gesamten Unternehmen rund 1.200 Mitarbeiter. Ihre Interessen werden wie vom Gesetz vorgeschrieben von Betriebsräten an den einzelnen Standorten unseres Unternehmens vertreten.

 

getfax: Eigentlich hatten wir auch Herrn Schoser als Vorsitzenden des Betriebsrates Ihres Unternehmens zu diesem Gespräch erwartet.

 

Wolfgang Grupp: Herr Schoser konnte wegen unaufschiebbarer Aufgaben in der Produktion nicht selbst an dem Gespräch teilnehmen. Er bittet um Verständnis. Aber die Freigabe dieses Interviews erfolgt mit seiner ausdrücklichen Zustimmung.

 

getfax: Ist Herr Schoser als Vorsitzender des Betriebsrates denn nicht freigestellt?

 

Wolfgang Grupp: Nein, genauso wenig wie seine anderen Betriebsratskollegen.

 

getfax: Wie kommt das?

 

Wolfgang Grupp: Wir haben noch nie einen freigestellten Betriebsrat gehabt. Unser Betriebsrat muss vernünftig die Dinge einordnen können, rechtzeitig auf Probleme aufmerksam machen, wenn etwas schief läuft und wo etwas korrigiert werden muss. Dazu muss er die Arbeitsabläufe aus der täglichen Praxis kennen.

 

Und das hängt auch ein wenig mit der Mentalität hier im Schwabenland zusammen. Hier hat es jemand bei seinen Mitarbeitern sehr schwer, der nicht durch seine tägliche Arbeit an ihrer Seite sein Geld verdient. Das würden die anderen Kolleginnen und Kollegen nicht akzeptieren. Die erkennen einen der Ihren an als Vertreter ihrer Interessen, aber nicht jemanden, der womöglich von außen kommt oder durch eine Freistellung sich von der täglichen Arbeitspraxis entfernt und dann noch das Gleiche verdienen soll wie sie.

 

Und schließlich: Sie wissen ja um das immer größer werdende Problem in anderen Unternehmen mit freigestellten Betriebsräten. Wenn ein solches freigestelltes Betriebsratsmitglied dann nach einigen Jahren nicht mehr in den Betriebsrat gewählt wird, muss es zurück ins Glied treten. Die Arbeitswelt bleibt ja nicht stehen. Ein solches bislang freigestelltes Betriebsratsmitglied weiß meistens gar nicht mehr, was in der täglichen Arbeit zu tun ist. Ganz abgesehen von dem damit verbundenen Prestigeverlust. Das ist ein großes Problem, das wir gar nicht erst haben, weil wir keine Freistellungen haben.

 

getfax: Wie wird in Ihrem Unternehmen der Betriebsrat gebildet?

 

Wolfgang Grupp: Ganz normal durch Betriebsratswahlen wie in anderen Unternehmen auch.  Und wir haben gute Leute im Betriebsrat. Sie teilen mir Probleme rechtzeitig mit, damit wir sie gemeinsam sofort lösen können. Die Hauptschwierigkeit war: anfangs wollte sich niemand für die Betriebsratswahl aufstellen lassen. Ich habe dann Mitarbeiter, die dafür in Frage kamen, einfach weil sie von den anderen Mitarbeitern anerkannt sind, gebeten sich aufstellen zu lassen.  Herr Schoser ist jetzt seit 35 Jahren Betriebsratsvorsitzender. Das zeigt, wie sehr seine Tätigkeit dort von den anderen Belegschaftsmitgliedern geschätzt wird.

 

getfax: Wie hat man sich die Arbeit des Betriebsrates in Ihrem Unternehmen vorzustellen: Gibt es ein Betriebsratszimmer, Betriebsvereinbarungen?

 

Wolfgang Grupp: Das gibt es bei uns alles nicht. Das brauchen wir auch nicht. Herr Schoser und seine anderen Betriebsratskollegen sind für jeden anderen Mitarbeiter ansprechbar. Wenn jemand etwas auf dem Herzen hat, kann man ihnen das sagen. Ist es berechtigt, wird es sofort abgestellt. Herr Schoser ist Strickmeister, in anderen Betrieben, in denen größtenteils Näherinnen und Strickerinnen beschäftigt sind, sind in den Betriebsräten Frauen, so dass die Betriebsräte in den Werken jeweils dem Anteil von Frauen oder Männern entsprechend  besetzt sind.

 

getfax: Wie wird diese Gestaltung der Betriebsräte von Gewerkschaftsseite gesehen?

 

Wolfgang Grupp: Wir gehören in den Zuständigkeitsbereich der IG Metall, weil die früher für uns kompetente Textilgewerkschaft aufgelöst und ihre Zuständigkeit auf die IG Metall übertragen wurde. Zu Betriebsversammlungen besucht uns ein Vertreter der IG Metall.  Die Betriebsratsvorsitzenden und der IG-Metaller halten eine kurze Ansprache, man bespricht sich mit einander, alles in großem Einvernehmen.

 

getfax: Wie ist das zu erklären? Haben denn die Mitarbeiter keine Probleme, die sie dem IG-Metaller vortragen möchten?

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