Konstantes Einvernehmen mit dem Unternehmer – geht das? (Teil 2)

Zahlt statt 8 Euro 50 9 Euro 50 Mindestlohn: Wolfgang Grupp.

Der Trigema-Würfel ...

Wolfgang Grupp: Das können sie tun, dafür besteht aber grundsätzlich keine Notwendigkeit, da wir Probleme, wie gesagt, ad hoc klären. Probleme werden bei uns nicht aufgehoben bis zu einer Betriebsversammlung.
Dass Sie uns nicht missverstehen: Bei uns läuft alles streng nach Gesetz und Ordnung ab. Auch bei uns gibt es Probleme, die wir lösen müssen. So mussten wir uns einmal von einem Mitglied der Belegschaft trennen, da es gestohlen hatte. Dazu muss selbstverständlich der Betriebsrat gehört werden und alles nach gesetzlicher Vorschrift ablaufen.

 

getfax: Sind Sie in einem Tarifverband?

 

Wolfgang Grupp: Nein. Aber: Ich passe mich dem Arbeitgeberverband an. Was dort mit der Gewerkschaft ausgehandelt wird, wird auch von mir eingehalten.

 

Aber: Wenn dort etwas ausgehandelt würde, was für mich unlogisch ist, behalte ich mir selbstverständlich eine eigene Vorgehensweise vor.

 

getfax: Wie werden Betriebsvereinbarungen bei Ihnen getroffen?

 

Wolfgang Grupp: Was meinen Sie mit Betriebsvereinbarungen?

 

getfax: Vereinbarungen zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat, die beispielsweise für juristische Zwecke schriftlich fixiert werden.

 

Wolfgang Grupp: Bei uns gilt noch das Wort. Probleme werden bei uns, wie gesagt, sofort gelöst.

 

Wenn zwischen Arbeitgeberverband und der Gewerkschaft drei Prozent ausgehandelt werden, dann gibt es selbstverständlich bei uns auch 3 Prozent Lohnerhöhung. Allerdings ist bei uns der Mindestlohn nicht 8,50 Euro, sondern 9,50 Euro.

 

Generell schauen wir uns konstant die Leistung unserer Mitarbeiter an. Selbstverständlich bekommen sie auch, wenn sie gravierend ihre Leistung steigern, eine außertarifliche Lohnerhöhung.

 

getfax: Sie haben, wie es aussieht, eine Betriebsratsphilosophie, die sich von der anderer Unternehmen in einigen Punkten doch unterscheidet. Wie stehen Ihre Mitarbeiter dazu?

 

Wolfgang Grupp: Fragen Sie doch einmal hier herum! Sie haben alle ein gutes Auskommen mit dem Einkommen, dass sie hier bei mir verdienen.
Ich habe während meinen bisher 45 Jahren Geschäftsführung nie eine Person aus Arbeitsmangel entlassen müssen, auch nie eine Stunde kurzgearbeitet und garantierte in der Vergangenheit und auch heute noch den Kindern unserer Mitarbeiter, wenn sie nach ihrer Schulausbildung zu uns kommen wollen, selbstverständlich einen Arbeitsplatz.
Jährlich bilden wir in allen Bereichen der Produktion sowie in Verwaltung und Vertrieb 40 bis 50 junge Menschen aus. Wie schon erwähnt, wird allen Kindern unserer 1.200 „Trigema“-Mitarbeiter nach ihrem Schulabschluss ein Arbeitsplatz garantiert.

 

getfax: Woher stammen Ihre Mitarbeiter in der Regel?

 

Wolfgang Grupp: Sie kommen aus unserer näheren Umgebung. Einen Mitarbeiter von weit her würden wir nicht unbedingt einstellen, da er auch sicher nicht langfristig bleibt. Deshalb bilden wir von jeher aus und nutzen auch die Früchte unserer Ausbildung.

 

getfax: Werben Sie Mitarbeiter von außen an?

 

Wolfgang Grupp: Selbstverständlich, aber nicht für höhere Positionen. Er muss generell von unten anfangen und sich selbst nach oben durch Leistung bringen.

 

getfax: Wie können Sie die Arbeitsplätze künftig garantieren gegen Billigkonkurrenz aus dem Ausland?

 

Wolfgang Grupp: Wir müssen uns klar darüber sein: in der Produktion von Masse ist uns China überlegen. Dort findet aber auch keine Wertschöpfung in einem dem unseren Niveau vergleichbaren Umfang statt. Deswegen ist die Arbeitskraft dort so billig und bei uns eben teurer.

 

Alle Unternehmen unserer Branche, deren Inhaber gemeint haben, im Ausland produzieren lassen zu müssen, weil dort angeblich die Arbeitskraft billiger sei, sind anschließend nicht reicher, sondern ärmer geworden.

 

Weil ich nicht ärmer werden wollte, blieb ich hier im Land. Ich habe hier, wenn Sie so wollen, einige Nachteile. Aber ich nutze vor allem die vielen Vorteile und nehme diese wenigen Nachteile in Kauf.

 

Die Arbeitsplätze hier sind nicht zu teuer, wenn wir vor allem die Arbeitskraft konstant auch nutzen.

 

Wenn ich z.B. eine Näherin anstelle, und ihr anschließend keine Arbeit gebe, dann ist sicher nicht die Näherin zu teuer, sondern das ist dann mein Versagen. Wenn ich einen Mitarbeiter angestellt habe, bin ich auch verantwortlich dafür, dass er konstant ausgelastet ist!

 

Wenn „Trigema“ irgendwann ein Problem haben sollte: Solange ich diese Position innehabe, kann es nur einen Schuldigen geben – und der bin ich!

 

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